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Vorbereitende Auskunftsansprüche eines Versicherungsvertreters

Ein Versicherungsvertreter hat keinen handelsvertreterrechtlichen Auskunftsanspruch, wenn ihm aufgrund einer berechtigten Bestandsübertragung keine Provisionen oder Schadensersatzansprüche mehr gegenüber dem Versicherungsunternehmen zustehen.

Sachverhalt

Das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 27.02.2020 – Az.: 18 U 59/19) hatte in einem Verfahren zu entscheiden, ob einem Versicherungsvertreter vorbereitende Auskunftsansprüche im Rahmen einer Stufenklage zustehen, wenn das Versicherungsunternehmen die von ihm vermittelten Verträge aus seinem Bestand an einen Versicherungsmakler überträgt. Das Versicherungsunternehmen hat auf Grundlage der Allgemeinen Vertragsbedingungen (AGB) eine entsprechende Bestandübertragung vorgenommen. Dort heißt es u.a.:

„Während des Vertretervertrages darf (das Versicherungsunternehmen) einzelne Versicherungsverträge oder Gruppen von Versicherungsverträgen ohne Entschädigung des Vertreters aus dem Bestand der Vertretung aussondern, wenn die Versicherungsverträge nicht oder nicht mehr in dem Arbeitsgebiet des Vertreters laufen, … oder wenn die Versicherungsnehmer es ausdrücklich wünschen und die Nichterfüllung dieses Wunsches den Bestand der Versicherungsverträge gefährdet.“

Die ursprünglich vom klagenden Versicherungsvertreter vermittelten Verträge wurden auf einen Versicherungsmakler übertragen, nachdem dem beklagten Versicherungsunternehmen eine von dem Versicherungsnehmer unterschriebene Maklervollmacht sowie ein unterschriebener Maklervertrag vorgelegt wurde. Daraufhin übertrug das Versicherungsunternehmen die betreffenden Verträge auf den Versicherungsmakler und zahlte dem Vertreter keine Provisionen mehr aus. Der Versicherungsvertreter begehrte sodann Auskunft und beantragte nach Auskunftserteilung die Zahlung von Provision, hilfsweise Schadensersatz.

Entscheidung 

Das OLG Hamm stellte in seinem Urteil klar, dass dem Versicherungsvertreter der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zusteht. Ein solcher ergebe sich weder aus den handelsvertreterrechtlichen Regelungen (§§ 92 Abs. 2, 87c Abs. 2 und 3 HGB) noch aus Gesichtspunkten von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Ein Auskunftsanspruch komme demnach nur in Betracht, wenn dem Versicherungsvertreter aus den von ihm vermittelten Versicherungsverträgen noch Provisions- oder Schadensersatzansprüche zustehen. Dies sei jedoch nicht mehr der Fall, da das verklagte Versicherungsunternehmen die betreffenden Versicherungsverträge berechtigt aus dem Bestand des Versicherungsvertreters herausgenommen und übertragen hat. Nach Ansicht des Gerichts folgt die Berechtigung der Übertragung aus den AGB. Der Wirksamkeit der Klausel sollen weder unabdingbare Vorschriften des Handelsvertreterrechts noch das AGB-Recht (§§ 310 Abs. 1, 305c, 307 BGB) entgegenstehen.

In der Sache befand der Senat, dass die tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt waren, da die Versicherungsnehmer eine Bestandsübertragung „ausdrücklich wünschten“ und die „Nichterfüllung dieses Wunsches den Bestand der Versicherungsverträge gefährdet“. Zur Begründung wies der Senat darauf hin, dass es für die Frage der Bestandsgefährdung nicht auf die objektive Sachlage – im Zeitpunkt der Äußerung des Wunsches auf Übertragung – ankommt, sondern auf diejenige Sachlage, die sich einem Versicherer nach sorgfältiger der ihm zugänglichen Fakten in Bezug auf eine etwaige Kündigung des Versicherungsvertrages darstellt, sowie auf eine darauf gründende, (versicherungs-) kaufmännische Erfahrung berücksichtigende Prognose.

Fazit

Einen Auskunftsanspruch (§ 87c Abs. 3 HGB) sowie einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges (§ 87c Abs. 2 HGB) kann der Versicherungsvertreter nach einer berechtigten Bestandübertragung nicht mehr gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen, da ihm diese nach dem Wortlaut der Norm nur zustehen, wenn er noch Provisionsansprüche (bspw. Bestandspflegeprovisionen) hat. Diese sollen nach einer berechtigten Bestandsübertragung grundsätzlich nicht mehr bestehen. Die konkrete Berechtigung der Bestandsübertragung ist dann am jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Hervorzuheben ist zudem, dass das Berufungsgericht dem Versicherungsunternehmen eine Prognosebefugnis einräumt, die eine eigene Bewertung der Bestandsgefährdung als Voraussetzung der in den AGB geregelten Bestandsübertragung ermöglicht. Auf die Sicht eines objektiven Dritten soll es nicht ankommen.

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