Medizinrecht
Mit einer spannenden Thematik und zahlreichen Rechtsfragen des Themas „Abrechnung von Notfallbehandlungen bei fehlendem Versorgungsauftrag“ muss sich momentan das Sozialgericht Bremen auseinandersetzen. Der Sachverhalt ist an sich zwar in wenigen Worten erzählt, dennoch wirft die Sachlage zahlreiche rechtliche Fragen auf.
I. Sachverhalt
Die Klägerin ist ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus, welches Notfallbehandlungen im Bereich der Kardiologie erbrachte, obwohl ein Versorgungsauftrag für den Bereich Kardiologie nicht besteht (tatsächlich ist die Frage ob ein Versorgungsauftrag besteht augenblicklich Thema eines weiteren Rechtsstreits vor dem OVG Bremen, dies soll jedoch der Einfachheit halber außer Acht gelassen werden). Umfasst von der Klagewelle sind zudem Fälle in denen der Patient oder die Patientin vom Hausarzt überwiesen wurde, sich selbst ins Krankenhaus begaben, durch den Rettungswagen vorgestellt wurde oder als Verlegung aus einem anderen Krankenhaus eingetroffen sind. Eine Prüfung der Fälle durch den MDK ist nicht erfolgt. Die gestellten Rechnungen wurden in mehr als 300 Fällen mit der Begründung des fehlenden Versorgungsauftrags zurückgewiesen.
Obgleich sich die tatsächliche Konstellation relativ einfach darstellt, führen sowohl Krankenkassen als auch Krankenhäuser zahlreiche Argumente ins Feld, deren rechtliche Beurteilung derart interessant ist, dass sie den vorliegenden Aufsatz mehr als rechtfertigen sollten. Denn es besteht zwar kein Versorgungsauftrag, allerdings ist die Klägerin im Rahmen einer Notfallbehandlung berechtigt und sogar verpflichtet tätig zu werden. In der Folge ist das Krankenhaus grundsätzlich berechtigt die Behandlungskosten nach § 76 I S. 2 SGB V abzurechnen. Dies hatte unter anderem das LSG Niedersachsen-Bremen bereits unter dem Aktenzeichen L 4 KR 235/16 entschieden. Auch wird dies im höchstrichterlichen Urteil des BSG (Urteil vom 23. Juni 2015 – B1 KR 20/14, ebenfalls Urteil vom 18.07.2005 – B 1 KR 9/05 R) angeführt, welches noch einmal in Kürze zitiert sei:
„Ein Notfall iS des § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V liegt nur vor, wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen so dringlich ist, dass es bereits an der Zeit für die Auswahl eines geeigneten Therapeuten und dessen Behandlung – sei es durch dessen Aufsuchen oder Herbeirufen – fehlt.“
Im Wesentlichen berufen sich die beklagten Krankenversicherungen darauf, dass ein Versorgungsauftrag für den Bereich Kardiologie nicht vorliege und es sich darüber hinaus gar nicht um Notfälle gehandelt habe. Bereits an dieser Stelle wird die Tatsache relevant, dass eine Überprüfung durch den MDK nicht stattgefunden hat. Das klagende Krankenhaus vertritt nämlich die Auffassung, dass die Krankenkassen mit dem Einwand, es würde sich nicht um Notfälle handeln nach Verstreichen der Frist zur Prüfanzeige nunmehr ausgeschlossen ist und beruft sich auf § 275 I c S. 1 u. 2 SGB V a.F. welcher wie folgt lauten:
(1c) Bei Krankenhausbehandlung nach § 39 ist eine Prüfung nach Absatz 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen.
II. Prüfung durch die Krankenkasse
Die Beantwortung der Frage, ob § 275 Ic S. 1 u. 2 SGB V a.F. greift ist im vorliegenden Fall derart relevant, da bei Bejahung derer das Vorliegen eines Notfalls unterstellt und die Klägerin alle Klagen aufgrund der Fristversäumung gewinnen würde, ohne dass es in nur einem Fall zur Beweisaufnahme gekommen wäre. Die Ausschlussfrist des § 275 Ic S. 1 u. 2 SGB V a.F. würde hiernach ihre wahre Härte unter Beweis stellen. Allerdings existieren Fälle, in denen die Ausschlussfrist bereits nicht zu laufen beginnt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn im Rahmen der Abrechnung einer stationär erbrachten AOP-Leistung die medizinische Begründung fehlt (1.), eine Rechnung offensichtlich unrichtig ist (2.) oder aber das Krankenhaus wesentliche Informationsobliegenheiten verletzt (3.).
A. Keine Anwendung der Rechtsprechung zur AOP des BSG 21.03.2013 Az.: B 3 KR 28/12 R
Ein Vergleich zur Abrechnung von AOP-Leistungen kann bereits aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit nicht überzeugen. Im Falle der Erbringung einer Leistung aus dem AOP-Katalog stellt man sich zunächst die Frage, ob der Patient stationär behandelt werden muss, oder ob eine ambulante Erbringung ausreichend ist. Diese Frage stellt sich vorliegend jedoch überhaupt nicht. Vielmehr ist klar, dass im Falle eines Notfalls die Behandlung zweifelsfrei im stationären Setting zu erfolgen hat. Man streitet sich vielmehr um eine verwaltungsrechtliche Besonderheit des Versorgungsauftrags. Das BSG hat hierzu jedoch niemals ein Ausnahmefall gebildet.
B. Keine offensichtliche Fehlerhaftigkeit der Rechnung
Argumentiert wird Seitens der Krankenkassen, dass die Rechnung bereits aufgrund der Abrechnung einer DRG außerhalb des Versorgungsauftrags offensichtlich unrichtig sei. Die kann jedoch meines Erachtens nicht per se die offensichtliche Fehlerhaftigkeit der Rechnung begründen. Die Verpflichtung im Notfall tätig zu werden mündet nach der obigen Rechtsprechung in den Zahlungsanspruch und zeigt, dass sehr wohl Fälle denkbar sind, in denen DRG’s abrechenbar sind, die vom Versorgungsauftrag nicht umfasst sind. Aus diesem Grund ist auch irrelevant wie das anhängige Verfahren vor dem OVG unter dem Aktenzeichen 5 K 1184/17 zum Versorgungsauftrag ausgeht, da selbst bei fehlendem Versorgungsauftrag der Vergütungsanspruch im Rahmen der Notfallbehandlung bestehen bleibt.
C. Keine Verletzung von Informationsobliegenheiten
Fraglich ist, welche Informationen überhaupt von den Informationsobliegenheiten umfasst sind. Das LSG Niedersachsen-Bremen skizziert die Voraussetzungen in seinem Urteil unter dem Aktenzeichen 4 KR 235/16, nach denen die 6-Wochen-Frist zu laufen beginnt. Es konkludiert sodann:
,,Gemessen an diesen Voraussetzungen ist das SG nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zutreffend davon ausgegangen, dass die Rechnung der Klägerin vom 19. April 2011 fällig war, weil keine offensichtlich unrichtige Abrechnung der Klägerin vorgelegen hat und auch keine notwendigen Angaben der Klägerin gemäß 301 SGB V fehlten. Insbesondere genügten entgegen der Auffassung der Beklagten die von der Klägerin übermittelten Daten den Anforderungen des § 301 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 SGB V in der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt geltenden Fassung wonach die Abgaben umfassen müssen: den Tag die Uhrzeit und den Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose die Aufnahmediagnose bei einer Änderung der Aufnahmediagnose die nachfolgenden Diagnosen. die voraussichtliche Dauer, der Krankenhausbehandlung sowie falls diese überschritten wird auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung, bei Kleinkindern bis zu einem Jahr das Aufnahmegewicht. Diese enumerativ aufgeführten Angaben hat die Klägerin der Beklagten in der Aufnahmeanzeige übermittelt, insbesondere wurde eine Aufnahmediagnose angegeben (lCD 161.4 R) sowie Aufnahmeart und –grund (Notfall, 01 KH-behandlung vollstat.). Als voraussichtlicher Entlassungstermin wurde im Übrigen der 15 April 2011 angegeben.‘‘
Gerade diese Daten werden der Krankenkasse jedoch in der Regel bereits zeitnah im Rahmen des Aufnahmedatensatzes über die 301-er Daten übersandt. Entsprechende Angaben finden sich in der Folge auch in der Rechnung. Es ist in diesen Fällen demnach sehr unwahrscheinlich, dass die Informationsobliegenheiten in dieser Hinsicht verletzt wurden.
D. Grenze des Amtsermittlungsgrundsatzes
Die beklagten Krankenkassen vertreten die Sichtweise, dass der Amtsermittlungsgrundsatz die Verwertbarkeit der Patientenunterlagen bedingt, diese folglich auch dem Gericht und der Beklagten übersandt werden müssen. In diesem Zusammenhang wird auch vereinzelt darauf hingewiesen, dass die Präklusion des § 275 Abs. 1 c S. 2 SGB V a.F. nicht die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen per se ausschließt, sondern lediglich der Beweis eingeschränkt ist. So wird unter anderem eine Entscheidung des BSG sowie des SG Duisburg angeführt:
,,– dies gilt wohlgemerkt für die Amtsermittlung und das Einsichtsrecht durch die Krankenkassen; es darf nach hiesiger Ansicht das Gericht weder daran hindern, Beweisangebote aus der Behandlungsdokumentation durch die Krankenhäuser zu verwerten (sofern diese freiwillig angeboten werden), noch darf dies allgemeine Prozessregeln zur Darlegungs- und Beweislast im Sinne des § 202SGG i.V.m. § 138 ZPO (soweit sie in Rechtsstreitigkeiten im stationären Abrechnungsrecht nach der ständ. Rspr. des BSG entsprechend anwendbar sind) außer Kraft setzen, sofern eine Partei qualifiziert vorgetragen hat und die andere Partei nur durch Beweisantritt widerlegen kann. (BSG, BeckRS2012, 70599, Rn 23, 30; SG Duisburg, B. v. 04.05.20 – S 60 KR 2844/18 – , III. 2. A]bb])‘‘
Dies ist zwar einerseits zutreffend, übersieht jedoch, dass die Krankenversicherung gerade diesen Beweis im Rahmen eines qualifizierten Vortrags zunächst erbringen muss. Nach den bisherigen Ausführungen dürfte jedoch die Frist ausgelöst und deren Versäumnis zu eben dieser Einschränkung führen. Selbst nach der von den Krankenkassen zitierten Entscheidung des BSG vom 18.07.2013 unter dem Az.: B3 KR 25/12 R orientiert, dürfte sich hieran nichts ändern. Diese befasst sich nämlich offenbar mit dem Fall, in dem ein Krankenhaus nach Versäumung der Frist durch die Krankenkasse freiwillig Unterlagen hereinreicht nach dem dennoch ein qualifizierter Vortrag der Krankenversicherung erfolgte. In einem solchen Fall, indem ein Beteiligter auf eine für Ihn günstige Vorschrift mit dem Inhalt einer faktischen Beweiserleichterung verzichtet, ist in der Tat nicht ersichtlich, was das Sozialgericht daran hindern sollte, die hereingereichten Unterlagen zu sichten. Dies jedoch im Übrigen auch nur, […] sofern eine Partei qualifiziert vorgetragen hat und die andere Partei nur durch Beweisantritt widerlegen kann […]. Durch einen qualifizierten Vortrag wird nämlich das Erfordernis eines Gegenbeweises geschaffen. Hieran dürfte es jedoch in der streitgegenständlichen Klagewelle fehlen, da die Behauptung eines fehlenden Notfalls eben nur eine Behauptung bleibt und kein qualifizierten Vortrag darstellt, der die Klägerin in die Notwendigkeit des Gegenbeweises treibt. Weder hat die Klägerin auf die Rechtsfolge der Norm des § 275 I c S. 2 SGB V a.F. durch freiwillige Vorlage der Patientenakte verzichtet, noch hat die Krankenkasse qualifiziert vorgetragen, sodass die Klägerin nur durch die Einreichung weiterer Unterlagen diesen Vortrag entkräften kann. Behauptungen ohne jeglichen medizinischen Bezug stellen keinen qualifizierteren Vortrag dar, gegen den sich die Klägerin mit der Belegung durch weitere Tatsachen wehren müsste. Die Norm des § 275 I c S. 2 SGB V a.F. führt hiernach bislang zur Präklusion etwaiger Einwände durch die Krankenkassen. Es ergibt sich eine faktische Umkehr der Beweislast. Da der Einwand der fehlenden Notfallbehandlung präkludiert ist, ergibt sich nämlich keine Beweispflicht für die Klägerin, da mit Präklusion unstreitig ein Notfall vorgelegen hat. Eine andere Sichtweise würde die ratio legis der in § 275 I c S. 2 SGB V a.F. normierten Ausschlussfrist konterkarieren.
E. Möglichkeit der ständigen Überprüfung
Interessant ist auch die Argumentation der Krankenkassen in der das Urteil des BSG vom 18.07.2013 unter dem Az.: B3 KR 25/12 R angeführt wird. In diesem ging es um die Überprüfung der Strukturmerkmale des OPS 8-981 (neurologische Komplexbehandlung) nach versäumter Frist zur Prüfanzeige. Dieses sei in der einschlägigen Randnummer 21 zur besseren Verständlichkeit kurz zitiert:
,,5. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin schließlich darauf, dass die Beklagte eine Einzelfallprüfung der Abrechnung durch den MDK hätte einleiten müssen, hierfür aber die Frist des § 275 Abs 1c SGB V versäumt habe und deshalb mit ihren Einwendungen gegen die erfolgte Abrechnung des Behandlungsfalles ausgeschlossen sei. Ob in einem Krankenhaus die ständige ärztliche Anwesenheit im oben dargestellten Sinne gewährleistet ist, ist als strukturelle Abrechnungsvoraussetzung des Kodes 8-980 unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall aufgrund der allgemeinen Organisation und Dienststruktur des Krankenhauses zu beurteilen. Ist dies wie im Krankenhaus der Klägerin nicht der Fall, so ist die Kodierung einer intensivmedizinischen Komplexbehandlung von vornherein ausgeschlossen. Einer der in § 275 Abs 1 S 1 SGB V abschließend aufgeführten Begutachtungsanlässe liegt nicht vor. Es geht also nicht um eine medizinische Sachfrage des konkreten Einzelfalles, zu deren Klärung der MDK eingeschaltet werden muss. Den Einwand der unrichtigen Rechnungsstellung als solchen hat die Beklagte indes zeitnah erhoben, sodass dessen Geltendmachung jedenfalls auch nicht nach allgemeinen Grundsätzen rechtsmissbräuchlich (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 242 BGB) ist.‘‘
Es handelt sich sodann im vom BSG zu entscheidenden Fall um die nachträgliche Überprüfung von Strukturmerkmalen. Diesbezüglich hat bis zum Jahre 2020 kein Prüfungsregime bestanden und hat erst im Zuge des MDK-Reformgesetzes mit dem § 275 d SGB V Einzug ins SGB V erhalten. Die Frage, ob Strukturvoraussetzungen vorgelegen haben oder ob in medizinischer Hinsicht von einem Notfall auszugehen ist, der ans sich eine Vergütung des Krankenhauses auslösen würde, sind jedoch komplett unterschiedliche Fragestellungen, die keineswegs gleich beurteilt werden können. Wie der Entscheidung zu entnehmen ist, ist das Abgrenzungskriterium gerade danach zu bestimmen, ob es sich um eine medizinische Sachfrage handelt, zu deren Klärung der MDK eingeschaltet werden muss.
Dies bestimmt sich nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. Juni 2015 – B1 KR 20/14, ebenfalls Urteil vom 18.07.2005 – B 1 KR 9/05 R), nach der ,,die Behandlung aus medizinischen Gründen so dringlich ist, dass es bereits an der Zeit für die Auswahl eines geeigneten Therapeuten und dessen Behandlung – sei es durch dessen Aufsuchen oder Herbeirufen – fehlt.“
Für die Beantwortung der Frage, ob es an der Zeit für die Auswahl eines geeigneten Arztes oder Therapeuten und dessen Behandlung fehlt, ist demnach zunächst der aktuelle medizinische Zustand zu klären. Ohne diesen ist nicht beurteilbar, ob möglicherweise noch Zeit für dessen Aufsuchen oder Herbeirufen bleibt. Dies dürfte jedoch unstreitig eine medizinische Frage sein, zu deren Klärung der Sachverstand des MDK herangezogen werden muss. Dies zeigt wiederum, dass man anhand des Urteils des BSG vom 18.07.2013 unter dem Az.: B3 KR 25/12 R zum entgegengesetzten Ergebnis kommt, nämlich dass eine Beauftragung des MDK zur Klärung medizinischer Sachverhalte notwendig war.
Hiernach befindet man sich jedoch auf der zweiten Stufe entsprechend dem Urteil des BSG vom 22.04.2009 (Az.:B 3 KR 24/07 R). Denn diese medizinische Beurteilung ist nicht bereits allein anhand der Daten nach § 301 I SGB V möglich, da die in der Regel nicht besonders medizinisch ausgebildeten Mitarbeitern der Krankenkasse den Sachverhalt auch anhand der Patientenakte, ungeachtet etwaiger Datenschutzbestimmungen, nicht beurteilen können. Auch hier zeigt sich, dass die Frist zur Prüfanzeige bereits ausgelöst war. Die Einleitung dieser Prüfstufe wurde jedoch nach § 275 IC S. 2 SGB V a.F. versäumt.
Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.12.2019 unter dem Aktenzeichen L 4 KR 235/16, was nach dem Vorgesagten der zwingende Schluss ist. So wird ausgeführt:
,,Die Frage des Vorliegens eines Notfalls kann nur aufgrund der medizinischen Sachlage beurteilt werden, die die Eilbedürftigkeit der Krankenhausaufnahme begründen könnte. Bei dieser medizinischen Prüfung ist aber allein § 275 SGB V und die Zuständigkeit des MDK einschlägig.‘‘
Von daher ist die Frage, ob ein anderer Leistungserbringer zur Verfügung gestanden hat vollkommen irrelevant, da die Krankenkassen bereits mit den medizinischen Einwänden zur Frage ob ein Notfall vorgelegen hat oder nicht präkludiert ist. Der Begriff des Notfalls ist insoweit auch nicht streng restriktiv auszulegen, sondern medizinisch im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Wenn nämlich die erforderlichen Daten im Rahmen des Datenaustausches und im Rechnungsschreiben vorliegen, sind die Informationsobliegenheiten erfüllt und es handelt sich um eine fällige Rechnung. Ob nämlich sodann der strenge restriktiv auszulegende Notfallbegriff, dem es im Übrigen bei Beachtung des Wortlauts des § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V ebenfalls an einer Rechtsgrundlage mangelt, erfüllt ist, ist eine medizinische Wertungsfrage im Einzelfall, die, wie mehrfach erwähnt, kaum durch das Personal einer Krankenkasse beurteilt werden kann.
III. Fazit:
Bei kritischer Betrachtung der einschlägigen Normen und Rechtsprechung dürfte die Prüfanzeigefrist nach dem Vorgesagten ausgelöst worden sein. Bemerkenswert ist diesbezüglich vor allem, in welch großer Zahl die Krankenkassen die Einleitung einer Prüfung für nicht notwendig erachtet haben und stattdessen auf die Begleichung der Rechnung mit Verweis auf die offensichtliche Unrichtigkeit verzichtet wurde. Nach der bisherigen Einschätzung dürften daher mehr als 300 Fälle von den Krankenkassen nachzuvergüten sein. Dies zeigt einmal mehr, welche Relevanz die korrekte Einordnung von Fristen im rechtlichen Gefüge hat.
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Robert Maehl
Fachanwalt für Medizinrecht