Der maßgebliche Zeitpunkt für die Erhebung von Aufschlagszahlungen nach § 275c Abs. 3 SGB V
Urteil des BSG vom 19.10.2023, B 1 KR 8/23 R
Am 19.10.2023 hat der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) über die für Krankenhäuser und Krankenkassen gleichermaßen wichtige Problematik entschieden, welcher Zeitpunkt für die Erhebung der Aufschlagszahlungen nach § 275 c Abs. 3 SGB V maßgeblich ist.
Sachverhalt
Im streitgegenständlichen Fall behandelte das klagende Krankenhaus im September 2020 einen Versicherten der beklagten Krankenkasse stationär. Die Krankenkasse zahlte die in Rechnung gestellte Vergütung und beauftragte den Medizinischen Dienst am 10. Dezember 2020 mit einer Abrechnungsprüfung. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 1. Februar 2022 zu dem Ergebnis, es sei ein geringerer Betrag abzurechnen. Das Krankenhaus akzeptierte den daraufhin von der Krankenkasse geltend gemachten Erstattungsanspruch und korrigierte seine Abrechnung.
Die Krankenkasse setzte gegen das Krankenhaus eine Aufschlagszahlung in Höhe von 300 Euro fest und wies den hiergegen gerichteten Widerspruch des Krankenhauses zurück. Das Sozialgericht hatte in der ersten Instanz den Bescheid aufgehoben. Die Krankenkasse sei nicht zur Aufschlagserhebung berechtigt gewesen, da § 275c Absatz 3 SGB V auf den streitgegenständlichen Abrechnungsfall zeitlich nicht zur Anwendung komme.
Gegen dieses Urteil legte die Krankenkasse Revision ein.
Urteil des BSG
Die Revision der Krankenkasse hatte keinen Erfolg.
Das BSG entschied, dass die Erhebung der Aufschlagszahlung materiell zu Unrecht erfolgte. Nach § 275c Absatz 3 Satz 1 SGB V haben die Krankenhäuser ab dem Jahr 2022 neben der Rückzahlung der Rechnungsdifferenz einen Aufschlag an die Krankenkassen zu zahlen. Das Tatbestandsmerkmal “ab dem Jahr 2022“ knüpft nicht an das Datum der leistungsrechtlichen Entscheidung der Krankenkasse an, sondern an den Zeitpunkt der Einleitung der Rechnungsprüfung, der sich nach außen durch die Beauftragung des Medizinischen Dienstes manifestiert. Dieser Zeitpunkt lag hier vor dem 1. Januar 2022.
Zur gleichen Problematik waren noch zwei weitere Verfahren beim BSG anhängig (B 1 KR 9/23 R und B 1 KR 11/23 R). Nach der Urteilsverkündung in dem Verfahren B 1 KR 8/23 R haben die Krankenkassen in diesen Verfahren jedoch ihre Konsequenzen gezogen, sodass es zu keinen weiteren Urteilen kam.
Fazit
Ein durch das MDK-Reformgesetz unnötiger Weise entstandenes Problem hat seine Entscheidung gefunden. Das Urteil ist nach hiesiger Auffassung nachvollziehbar und sachgerecht. Die Aufschlagszahlung kann demnach nur dann erhoben werden, wenn der MD ab dem 1. Januar 2022 mit der Rechnungsprüfung beauftragt wurde.
Eine Vielzahl ruhender Gerichtsverfahren werden damit ihren Abschluss finden.