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Berechtigen die behördlichen Corona-Maßnahmen den Einzelhändler zur Mietminderung?

Ob die behördlichen Corona-Maßnahmen einen Einzelhändler zur Mietminderung berechtigen hatte jüngst das Landgericht München (Urteil vom 22.09.2020, 3 O 4495/20) zu entscheiden. Es bewertete als erstes Gericht überhaupt die Lockdown-bedingten Ladenschließungen als Mangel gewerblicher Mietverträge.

Der Rechtsstreit

Im Streitfall hatte das Gericht zu urteilen, ob ein Münchener Möbelhändler für den Zeitraum April bis Juni 2020 zur 100%igen Minderung der Miete des rund 3.000 qm großen Gewerberaums berechtigt war.

Nach dem Rechtsspruch der Richter war der Gewerbetreibende zur nachfolgender Mietminderung berechtigt:

April    komplette Schließung für Publikumsverkehr            Minderung um 80 %

Mai     Auflagen über Verkaufsfläche und Kundenzahl        Minderung um 50 %

Juni      weitere Reduzierung der Einschränkungen              Minderung um 15 %

Kurios: Zur Lösung des Streitfalls berief sich das Gericht auf Rechtsprechung aus der Zeit des ersten Weltkriegs, da es zu der Zeit ebenfalls behördliche Beschränkungen für Einzelhändler und Gastronomen gab.

Weitere Rechtsprechung

Das Landgericht Heidelberg (Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20) und auch das Landgericht Frankfurt/Main (Urteil vom 02.10.2020, 2-15 O 23/20) haben diese Streitfrage zugunsten der Vermieter entschieden. Eine andere Zivilkammer des Landgerichts München (Urteil vom 05.10.2020, 34 O 6013/20) wählte den aus der Literatur entwickelten salomonischen Lösungsvorschlag[1], den – für beide Seiten ebenso verheerenden wie auch unvorhersehbaren – Schaden gleichermaßen „fifty fifty“ auf Vermieter und Mieter zu verteilen.

Gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg haben die Beklagten Berufung eingelegt. Es bleibt nun abzuwarten, wie das OLG Karlsruhe entscheiden wird.

Mögliche Konsequenzen

Bestätigen die Gerichte die mieterfreundliche Entscheidung des Landgerichts München, so hätte dies brisante Folgen für die Vermieter von Gewerberaum. Diese müssten mit erheblichen Rückzahlungsforderungen ihrer Mieter rechnen. Diese rückwirkenden Beeinträchtigungen des Cashflows dürften wiederrum erheblichen Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit der Vermieter, insbesondere die Rückführung der Grundschulden, wie auch auf die Bewertungspraxis haben.

Wir halten Sie weiter auf dem Laufenden.

[1] Leo/Götz – Fälle und Lösungen zum Schicksal der Mietzahlungspflicht des Gewerberaummieters in COVID-19-Zeiten, NZM 2020, 402, 406.

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